Das Portraitfoto auf dem Foto von 1912 zeigt einen ernst dreinblickenden jungen Mann mit Schnurrbart. Tatsächlich war Hans Baluschek (1870–1935) mitten drin in den deutschen Brüchen und Umbrüchen: Eisenbahnfieber und rasanter wirtschaftlicher Aufschwung ab Mitte des 19. Jahrhunderts, 1870/71 Reichsgründungs-Euphorie, 1873 Gründerkrach und darauf folgende Wirtschaftskrise, Entlassungen, soziale Spannungen, die Eisenbahnindustrie in Bedrängnis. Baluscheks Vater, Eisenbahningenieur, der die Familie nur noch mühsam über die Runden bringen kann. Hans Baluschek wird Künstler und Maler und studiert an der Königlichen Akademie der Künste. Sein Blick bleibt am grauen Alltag Berlins hängen: Graue Luft, graue Mauern, graue Menschen. Seine Bilder sozialkritisch.
Die Kunst steckt mitten drin in den deutschen Brüchen und Umbrüchen: Die Große Berliner Kunstausstellung war Ende des 19. Jahrhunderts in Deutschland eine Institution, im übertragenen Sinne, aber auch wortwörtlich eine kaiserliche Institution. Schon länger gärte es zwischen der "offiziellen" Künstlervereinigung von Wilhelms Gnaden und einer Reihe aufstrebender junger Künstler, darunter Max Liebermann und Käthe Kollwitz. Dann wurde die Edvard Munch-Ausstellung geschlossen, weil sich Publikum und arrivierte Künstler durch Munchs Bilder provoziert fühlten. Die jungen Künstler gründeten daraufhin eine eigene Vereinigung, die "Berliner Secession", die Berliner Abspaltung. Die Vereinigung wurde zum Anziehungspunkt für Künstler wie Ernst Barlach, Max Beckmann, Wassily Kandinsky – und Hans Baluschek. Er engagierte sich in der Künstlerschaft, war einige Jahre im Vorstand der Berliner Secession, später auch Leiter der Großen Berliner Kunstausstellung – der gleichen und doch ganz anderen offiziellen Institution, die in den 1890er Jahren als reaktionär gegolten hatte und gegen die sich die Secession wendete. Jetzt, 1929 bis 1933, eine andere Zeit: Wilhelm II. und mit ihm eine ganze Epoche hatte abgedankt. Weimarer Republik, Demokratie.
Hans Baluschek fiel dieser Umbruch nicht leicht. Er war Verfechter der Monarchie und deutscher Patriot und meldete sich im Ersten Weltkrieg freiwillig zur Armee. Baluscheks Bilder sind Berliner Realismus, herb wie Grosz und Beckmann und Kollwitz und Dix. Baluschek malte vorwiegend im Berliner kleinbürgerlichen und Arbeitermilieu. Seine Menschen wandeln oft mürrisch und grobschlächtig durch das meist düstere Bild. Sein Stil hat etwas von der Neuen Sachlichkeit, vom Impressionismus, von der Naiven Malerei. Er portraitiert Prostituierte und mit ihnen das Grelle, Anziehende, das Abstoßende und zugleich die gesellschaftlichen Zusammenhänge dahinter. Das Kaffeetrinken im Park ist keine lustige Runde: "So frei war ich niemals, dass ich späterhin einen anderen als "bitteren" Humor aufbringen konnte", schrieb er selbst. Die alten Damen, die dort beisammensitzen, wirken mit ihren zusammengepressten Mündern alles andere als eine fröhliche Gesellschaft, das angedeutete Lächeln nichts als gezwungen, ihr Ausdruck verbittert und mit dem Leben hadernd. Ganz anders Baluscheks Illustrationen, "Peterchens Mondfahrt" mit seinen Bildern von Peterchen, Anneliese und Herrn Sumsemann begleiten Kindheitsgenerationen. Hans Baluschek wurde in der Weimarer Republik zum erfolgreichen Künstler, politisch und für den eigenen Verband engagiert. Ab 1933 galt er als "marxistischer Künstler" und seine Werke als entartet. 1935 starb er, im Krankenhaus.
Das Portraitfoto auf dem Foto von 1912 zeigt einen ernst dreinblickenden jungen Mann mit Schnurrbart. Tatsächlich war Hans Baluschek (1870–1935) mitten drin in den deutschen Brüchen und Umbrüchen: Eisenbahnfieber und rasanter wirtschaftlicher Aufschwung ab Mitte des 19. Jahrhunderts, 1870/71 Reichsgründungs-Euphorie, 1873 Gründerkrach und darauf folgende Wirtschaftskrise, Entlassungen, soziale Spannungen, die Eisenbahnindustrie in Bedrängnis. Baluscheks Vater, Eisenbahningenieur, der die Familie nur noch mühsam über die Runden bringen kann. Hans Baluschek wird Künstler und Maler und studiert an der Königlichen Akademie der Künste. Sein Blick bleibt am grauen Alltag Berlins hängen: Graue Luft, graue Mauern, graue Menschen. Seine Bilder sozialkritisch.
Die Kunst steckt mitten drin in den deutschen Brüchen und Umbrüchen: Die Große Berliner Kunstausstellung war Ende des 19. Jahrhunderts in Deutschland eine Institution, im übertragenen Sinne, aber auch wortwörtlich eine kaiserliche Institution. Schon länger gärte es zwischen der "offiziellen" Künstlervereinigung von Wilhelms Gnaden und einer Reihe aufstrebender junger Künstler, darunter Max Liebermann und Käthe Kollwitz. Dann wurde die Edvard Munch-Ausstellung geschlossen, weil sich Publikum und arrivierte Künstler durch Munchs Bilder provoziert fühlten. Die jungen Künstler gründeten daraufhin eine eigene Vereinigung, die "Berliner Secession", die Berliner Abspaltung. Die Vereinigung wurde zum Anziehungspunkt für Künstler wie Ernst Barlach, Max Beckmann, Wassily Kandinsky – und Hans Baluschek. Er engagierte sich in der Künstlerschaft, war einige Jahre im Vorstand der Berliner Secession, später auch Leiter der Großen Berliner Kunstausstellung – der gleichen und doch ganz anderen offiziellen Institution, die in den 1890er Jahren als reaktionär gegolten hatte und gegen die sich die Secession wendete. Jetzt, 1929 bis 1933, eine andere Zeit: Wilhelm II. und mit ihm eine ganze Epoche hatte abgedankt. Weimarer Republik, Demokratie.
Hans Baluschek fiel dieser Umbruch nicht leicht. Er war Verfechter der Monarchie und deutscher Patriot und meldete sich im Ersten Weltkrieg freiwillig zur Armee. Baluscheks Bilder sind Berliner Realismus, herb wie Grosz und Beckmann und Kollwitz und Dix. Baluschek malte vorwiegend im Berliner kleinbürgerlichen und Arbeitermilieu. Seine Menschen wandeln oft mürrisch und grobschlächtig durch das meist düstere Bild. Sein Stil hat etwas von der Neuen Sachlichkeit, vom Impressionismus, von der Naiven Malerei. Er portraitiert Prostituierte und mit ihnen das Grelle, Anziehende, das Abstoßende und zugleich die gesellschaftlichen Zusammenhänge dahinter. Das Kaffeetrinken im Park ist keine lustige Runde: "So frei war ich niemals, dass ich späterhin einen anderen als "bitteren" Humor aufbringen konnte", schrieb er selbst. Die alten Damen, die dort beisammensitzen, wirken mit ihren zusammengepressten Mündern alles andere als eine fröhliche Gesellschaft, das angedeutete Lächeln nichts als gezwungen, ihr Ausdruck verbittert und mit dem Leben hadernd. Ganz anders Baluscheks Illustrationen, "Peterchens Mondfahrt" mit seinen Bildern von Peterchen, Anneliese und Herrn Sumsemann begleiten Kindheitsgenerationen. Hans Baluschek wurde in der Weimarer Republik zum erfolgreichen Künstler, politisch und für den eigenen Verband engagiert. Ab 1933 galt er als "marxistischer Künstler" und seine Werke als entartet. 1935 starb er, im Krankenhaus.
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